Keine der Mittelspannungs-Schaltanlagen von Schneider Electric in Regensburg gleicht der anderen. Ihre komplexen Formen machen die Anlagen kippgefährdet und erschweren den Transport. Die zum Patent angemeldete Schwerpunktwaage für Ladungssicherung 3D 5000 löst das Problem: Die Innovation der DEW ermittelt den dreidimensionalen Schwerpunkt. Die Packstücke können entsprechend markiert und gesichert werden.

So unterschiedlich können Schaltanlagen aussehen: Neben einfachen Kuben stehen Anlagen mit komplexen Körpern
So sieht Zentimeterarbeit aus: Wie in Zeitlupe senkt der Gabelstapler die Holzkiste auf die Wägebrücke. Dann legt er den Rückwärtsgang ein und entfernt sich behutsam. Jetzt kann mit dem Wiegen begonnen werden. Das Packstück mit seiner kubischen Form sieht aus, als wäre es leicht zu handhaben – gefertigt nach genormten Maßen für den Transport mit LkW und Schiffscontainer. Doch das harmlose Äußere täuscht. Denn die Fracht birgt Tücken. Die Geometrien der Mittelspannungs-Schaltanlagen, die hier abgepackt auf der Wägebrücke stehen, sind weit entfernt von jeder Norm: Ausbuchtungen, Anbauten, Ausschnitte und Bohrungen bestimmen die Form der Anlagen.
„Wir planen unsere Produkte nach spezifischen Wünschen unserer Kunden“
Peter Weiß, Logistik-Leiter Schneider Electric am Standort Regensburg, vor dem Display der 3D 5000
Das eigenwillige Design sagt viel aus über die Unternehmensphilosophie von Schneider Electric. Der weltweite Elektronik-Konzern mit Hauptsitz in Rueil-Malmaison bei Paris produziert nach dem Motto „Engineer to order“ (Fertigung nach Auftrag). Peter Weiß, Logistik-Leiter am Standort Regensburg: „Wir entwickeln unsere Produkte nach den spezifischen Wünschen unserer Kunden. Alles, was wir herstellen, ist schon verkauft.“
Keine Schaltanlage gleicht der anderen. Jede der hochspezifischen Schaltanlagen zur Verteilung und zum Schalten von Strom ist neuartig in der Zusammensetzung oder sogar ausgestattet mit eigens konstruierten Teilen – Innovationen, geschaffen für den Einsatz unter oft extremen Bedingungen.
Zum Beispiel die Schaltanlage für den Einsatz im Hochgebirge auf 4000 Metern Höhe, die speziell gefertigt ist, um dem niedrigen Luftdruck standzuhalten. Oder die Anlagen für Bohrtürme auf hoher See. Anbauten verschiedener Ventilatoren oder Kühlrippen dienen wiederum der Wärmeabfuhr aus dem Inneren der Anlagen. Und dann sind da noch die Kunden, denen ein besonderes Design am Herzen liegt: „Für einen Bundesliga-Klub haben wir schon eine Schaltanlage in den Vereinsfarben gefertigt, ein Milliardär hat sich für die Anlage in seiner Jacht eine Lackierung mit schwarzem Klavierlack gewünscht“, so Weiß.
Mehrmals pro Woche verlassen die neuen Lösungen die Fertigungshallen in Regensburg, werden verpackt, abgewogen und versendet an Kunden in mehr als 80 Länder weltweit – und stellen mit ihren eigenwilligen Formen die Logistikabteilung vor Herausforderungen.
Instabile Packstücke erhöhen das Unfallrisiko
„Die Sonderkombinationen haben ihren Schwerpunkt nicht in der Mitte. Das macht sie kippgefährdet und unberechenbar“, erklärt Weiß. Mögliche Szenarien: Packstücke kippen in der Lagerhalle vom Gabelstapler oder beim Transport mit dem LkW auf die Autobahn. Hohe Sachschäden oder im schlimmsten Fall Personenschäden können die Folge sein. Die Frage nach der Verantwortung regelt das Handelsgesetzbuch: Für Schäden, die auf eine ungenügende Verpackung oder Kennzeichnung der Ware zurückzuführen sind, haftet nach Paragraf 414 der Absender.
Die Vision: „Wir wollten eine Lösung finden zur Schwerpunkt-Ermittlung“
Die Vorstellungskraft, Risiken schon weit im Vorfeld zu erkennen und entsprechende Lösungen zu entwickeln – das gehört zum Job von Logistik-Leiter Weiß. „Solche Herausforderungen sind es, die den Reiz an meiner Arbeit ausmachen.“ Weiß´ Vision für den Umgang mit instabiler Fracht: Eine Lösung musste gefunden werden zur Ermittlung des Schwerpunkts in der dritten Dimension. „Packstücke mit einer Schwerpunkt-Kennzeichnung können beim Transport entsprechend gesichert und gelagert werden, Schäden durch Umkippen vermieden werden“, so Weiß.
Doch die Suche nach einem Unternehmen, das bereit war, die Vision umzusetzen, gestaltete sich schwierig. „Wir haben mit einigen Waagenherstellern gesprochen. Aber keiner hatte Interesse. ´Dafür gibt es keinen Markt` war die Begründung.“ Dann trat Weiß mit seiner Vision an die DEW heran – und stieß auf offene Ohren. Die beiden Partner waren überzeugt vom Erfolg: „Der Bedarf ist groß. Das Problem kippgefährdeter Fracht betrifft viele Unternehmen. Doch die wenigsten machen sich die Risiken bewusst und die Folgen, die eintreten, wenn sich tatsächlich ein Unfall ereignet.“
Zum Patent angemeldet: Schwerpunktwaage für außermittige Fracht 3D 5000
Inzwischen ist die Vision von Logistik-Leiter Weiß Realität geworden. Seit Oktober 2017 ist die 3-D-Schwerpunktwaage der DEW bei der Schneider Electric am Standort Regensburg in Betrieb, nach einem halben Jahr Testphase. Der Wägebereich reicht von ca. 200 bis 6000 kg. Realisierbar ist ein Wägebereich bis etwa 50 Tonnen.
„Die Investition hat sich für uns gelohnt. Die Waage ist mehrmals pro Woche im Einsatz“
Die Vorteile der DEW-Innovation: Die Schwerpunktwaage für außermittige Fracht ermittelt Gewicht und Schwerpunkt in dritter Dimension in nur einem Arbeitsschritt und ist zum Patent angemeldet (AZ 10 2015 112 943.4). Bisher war die Berechnung des 3-D-Schwerpunkts von komplexen Volumen ein komplizierter Vorgang und in der Praxis oftmals unmöglich.
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Die Schwerpunktwaage für außermittige Fracht 3D 5000 im Überblick: Funktionen, Anwendungen und technische Details