
Hier gibt die
Kontrollwaage grünes Licht
So einfach und klar können sich Mensch und Technik verständigen: Für die Murgtal-Werkstätten in Rastatt fertigte die DEW Kontrollwaagen mit Ampelsignalen - intuitiv bedienbar. Die Einrichtung beschäftigt Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung. Inzwischen hat die Innovation Schule gemacht und ist bei vielen Industriekunden der DEW im Einsatz.
Immer neue Päckchen rollen auf Imelda zu. Doch sie lässt sich nicht aus dem Takt bringen. Die Mitarbeiterin der Murgtal-Werkstätten greift die Plastik-Tüten vom Band und legt sie auf eine Kontrollwaage der DEW, die vor ihr auf dem Tisch steht. Wenn das grüne Licht aufleuchtet, weiß Imelda: Die Anzahl der abgepackten Führungsschienen stimmt. Später einmal sollen die roten Kunststoffteile in Datenschränke eingebaut werden, wo sie als Halterung für eingelagerte Platinen dienen. Imelda scherzt mit den Kollegen am anderen Ende vom Band und greift und wiegt dabei immer weiter, im schnellen Wechsel. Seit 27 Jahren arbeitet sie schon hier. Mit der Zeit hat sie Routine gewonnen. Auch wenn die Waage plötzlich Rot blinkt, behält Imelda die Nerven. „Das sind zu Wenige. Hat wohl jemand nicht aufgepasst“, ruft sie in den Raum, grinst und legt weitere Teile in die Tüte. Das Licht springt von Rot auf Grün. Imelda nickt zufrieden.
"Menschen mit geistiger Behinderung stehen heute voll im Berufsleben"
Sie meistert ihren Job, ist integriert in Arbeitsabläufe – für Menschen mit Behinderung wie Imelda heute ein Stück Normalität. „Unsere Mitarbeiter stehen voll im Berufsleben“, so Jörg Reuter, Abteilungsleiter Dienstleistung der Murgtal-Werkstätten. Doch solche Lebensläufe sind erst seit wenigen Jahrzehnten selbstverständlich. „Früher war Behinderung ein Stigma“, erklärt Reuter. „Man war der Auffassung, dass man Menschen mit Behinderung nicht fördern kann. Sie hatten keine Beschäftigung, es gab keine Unterbringungsmöglichkeiten.“ Erst Anfang der 60er Jahre wandelte sich die Situation. Ein wesentlicher Impuls ging von der Lebenshilfe aus, gegründet 1958 als Selbsthilfegruppe von Eltern geistig behinderter Kinder. Der Verein setzt sich für Selbstbestimmtheit ein und ist heute Träger von über 4000 Einrichtungen bundesweit – angefangen von Frühförderstellen über Schulen, Werkstätten bis hin zu Wohngruppen. Zur Lebenshilfe gehören auch die Murgtal-Werkstätten mit rund 500 Arbeitsplätzen an sieben Standorten im Kreis Rastatt (Baden-Württemberg).

Jörg Reuter, Abteilungsleiter Dienstleistung
„Eine geistige Behinderung ist heute nicht mehr gleichbedeutend mit gesellschaftlichem Ausschluss. Unsere Mitarbeiter erwirtschaften ihr Gehalt durch ihre Arbeit, immer mehr leben in eigenen Wohnungen“, so Reuter. Viele besetzen sogar Positionen mit Verantwortung – wie Imelda zum Beispiel, die Mitglied im Lebenshilfe-Beirat ist. Ein Gremium, das den Vorstand berät, Vorschläge einbringt und umsetzt.
Autokonzerne lassen hier Qualitätsprodukte fertigen
Das Leben von Menschen mit Behinderung unterscheidet sich heute oft kaum mehr von dem Millionen anderer Berufstätiger. Mit einem feinen Unterschied: „Es herrscht hier nicht der gleiche Zeit- und Konkurrenzdruck wie auf dem ersten Arbeitsmarkt“, so Reuter. „Unsere Gruppenleiter fangen den Druck ab.“ Die Folge: Die Mitarbeiter haben mehr Zeit, können exakter arbeiten. „Qualität steht bei uns im Vordergrund“, so Reuter. Der Vorzug hat sich herumgesprochen, vor allem bei Kunden, die Produkte herstellen, bei denen es auf Sicherheit ankommt. „Autokonzerne lassen hier Teile für Airbags oder Tanks produzieren, ein Technologiekonzern gibt bei uns Regelungen für Heizungen in Auftrag“, so Reuter.
Auch Verpackungsarbeiten werden häufig nachgefragt – wie etwa die Verpackung der Führungsschienen. 50 Stück sollen es sein pro Tüte. Das Dokumentieren der Stückzahl haben DEW-Zählwaagen übernommen. Sobald die Mitarbeiter die roten Kunststoffteile auf die Wägebrücke legen, blinkt ihre Anzahl auf dem Display auf. In Plastik-Tüten verpackt wandern die Führungsschienen über das Band zu Imelda, die sie auf eine der Kontrollwaagen mit Ampelsignalen legt, die Stückzahl prüft und – sobald das grüne Licht aufleuchtet - in den Versandkarton legt.